„ Der 1. FC Lok Leipzig hat nach acht Saisonspielen mit dem Sieg in Jena die Regionalliga-Tabellenspitze übernommen. Doch für den Sprung in Liga drei reicht es momentan nicht. Die Gründe sind nicht sportlicher Natur. Wir haben nachgefragt, wo es fehlt.
Die Saison ist noch jung, aber die Ersten reden schon vom Aufstieg: Der 1. FC Lok Leipzig hat am Sonntag die Tabellenspitze der Fußball-Regionalliga Nordost übernommen. Das Last-Minute-1:0 im Spitzenspiel beim FC Carl Zeiss Jena war der dritte Erfolg in Serie. Sportdirektor Toni Wachsmuth und Trainer Jochen Seitz haben in den vergangenen Monaten eine Mannschaft geformt, die nach der schwachen Vorsaison mit Platz zehn nicht wiederzuerkennen ist. Die Fans sind teilweise euphorisch, die Vereinsführung fürs Erste zufrieden. „Die Mannschaft hat sich das hart erarbeitet, sie spielt mit breiter Brust. Das ist für die kommenden Wochen wichtig. Sie hat einen Lauf – und das nötige Matchglück“, sagt Geschäftsführer Alexander Voigt der LVZ.
Doch wenn vom Drittliga-Aufstieg die Rede ist, treten alle Verantwortlichen in Probstheida auf die Euphoriebremse. Zum einen stellt sich seit Jahren und auch jetzt die Frage, ob das Bruno-Plache-Stadion überhaupt drittligatauglich ist. Und auch sportlich wird angesichts von 26 ausstehenden Spieltagen noch viel passieren. Noch vor acht Tagen galt der FC Carl Zeiss fast als unschlagbar. Nun hat sich das Momentum umgekehrt. Während die Thüringer zweimal in Folge als Verlierer vom Platz gingen, haben die Blau-Gelben vier ihrer jüngsten sechs Punkte in der Nachspielzeit geholt. Ein wenig Glück (später Elfmeter im Zwickau-Spiel, zwei Platzverweise gegen Jena) war auch im Spiel. Der Vergleich mit dem Deutschen Meister und Last-Minute-Spezialisten Bayer Leverkusen schmeichelt den Lok-Verantwortlichen. Dieser Vergleich sei aber weit hergeholt. Bei Lok steht aktuell eher Demut weit oben auf der Agenda, zumal die Mannschaft vor 13 Monaten ebenfalls in letzter Minute im Ernst-Abbe-Sportfeld gewann, danach aber abstürzte und sieben sieglose Spiele in Folge hinlegte.
Lok braucht Ausweichspielstätte für die kalten Monate
Die 3. Liga war in Probstheida während der Präsidentschaft von Torsten Kracht recht häufig ein Thema – der Aufstieg wird nun wieder als mittelfristiges Ziel eingestuft. Zumal ein konkurrenzfähiger Drittliga-Etat von vielen Experten mit neun Millionen Euro angegeben ist. Davon ist Lok meilenweit entfernt. Und wenn es sportlich doch schneller geht? Es gilt bei Lok seit Jahren als ungeschriebenes Gesetz, einen Drittliga-Antrag zu stellen, wenn dem Team Ende Februar nur zehn, zwölf Punkte zur Tabellenspitze fehlen. In der Corona-Saison 2019/20 standen die Blau-Gelben schon einmal mit einem Bein in Liga drei, ehe sie als Staffelsieger in den Aufstiegsspielen knapp am SC Verl scheiterten.
Schon damals stand die Frage: Mit welchem Stadion würde sich der 1. FC Lok für die Profiliga bewerben? „Wir hatten unser Bruno-Plache-Stadion als Nummer eins angegeben, brauchten aber für die Wintermonate eine Ausweichspielstätte“, erklärt Geschäftsführer Martin Mieth. Vor viereinhalb Jahren kontaktierte der Verein daher fast alle Vereine und Stadionbetreiber in Ostdeutschland, die über eine Rasenheizung verfügen. Lok handelte sich zunächst viele Absagen ein. Wer will sich schon in der Schlechtwetterzeit (Mitte November bis Ende März) aller 14 Tage von einem fremden Verein den Rasen zertrampeln lassen? Für Lok würde die fehlende eigene Rasenheizung einen immensen Wettbewerbsnachteil bedeuten. Denn dem Verein würden pauschal 25 Prozent der TV-Gelder abgezogen - dabei handelt es sich um rund 300.000 Euro. In der zweiten Saison wären es sogar 50 Prozent Abzug.
Rund eine Million Euro werden für die Rasenheizung veranschlagt
Auch wenn Liga vier aufgrund der namhaften Traditionsgegner aktuell attraktiver erscheint als Liga drei: Beim 1. FC Lok ist man sich der Tatsache bewusst, dass das Bruno-Plache-Stadion perspektivisch eine Rasenheizung benötigt. Die Kosten dafür werden momentan zwischen 750.000 und einer Million Euro geschätzt. Wobei Investitionen in den reinen Profisport eher nicht förderfähig sind. Zudem fordert der DFB seit einigen Monaten von den Vereinen, dass Rasenheizungen möglichst klimafreundlich, mindestens mit 65 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden müssen.
Die Rasenheizung bleibt der große Knackpunkt, andere Anforderungen für Liga drei wären für die Leipziger leichter erfüllbar. „Wir müssten den Turm für Pressevertreter und TV-Stationen erweitern“, erklären die beiden Geschäftsführer. Die aktuelle Beleuchtungsstärke der Flutlichtanlage im Plache-Stadion (800 Lux) entspricht den DFB-Bestimmungen. Bei künftigen Neuinvestitionen werde die Umrüstung auf LED für die Blau-Gelben ebenso ein Thema wie eine bessere Lautsprecheranlage.
Erst müssen Infrastruktur und Finanzen stimmen, dann das Sportliche
Martin Mieth bekräftigt, dass der Verein in vielen Bereichen das Thema Nachhaltigkeit forciert. Als vor einigen Monaten die Waschmaschine der „Loksche“ das Zeitliche segnete, sei in eine sparsame Variante investiert worden. Die neue Maschine fasse zwölf statt sechs Kilo Wäsche - die Anzahl der Waschgänge werde also halbiert. Statt bei 90 Grad werde „Kochwäsche“ nun sogar bei 60 Grad sauber. Wenn die Lok-Verantwortlichen zu Auswärtsspielen reisen, blicken sie stets aufmerksam nach links und rechts, um Neuerungen aufzuschnappen. Seien es die neuesten Roboter fürs Rasenmähen oder für das zeitsparende und gerade Ziehen der Linien.
Frank Viereckl, Sprecher des Lok-Präsidiums, bringt es auf den Punkt: „Nach dem achten Spieltag müssen wir nicht über einen Aufstieg nachdenken. Neben den sportlichen und strukturellen Aspekten müssen vor allem auch die finanziellen Grundlagen vorhanden sein. Die Einnahmensituation muss sich deutlich erhöhen, um in der 3. Liga bestehen zu können. Derzeit sind diese Voraussetzungen noch nicht gegeben. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir durch beständige Weiterentwicklung und zunehmende Professionalisierung im Verein langfristig das Ziel erreichen können, den Club in den Profibereich zu führen.“
Dass sich die stärksten Vereine des Freistaates seit der Pandemie in der Initiative Teamsport Sachsen austauschen, habe viele wertvolle Anregungen gebracht. Im Kreise der sächsischen Top-Klubs herrsche Einigkeit: Wer aufsteigen will, muss erst seine Infrastruktur und Finanzen in Ordnung bringen beziehungsweise auf die höhere Liga vorbereiten. Erst danach sollte in den Kader investiert werden. Wer diese Reihenfolge umkehrt, erleidet häufig Schiffbruch.
LVZ“
https://www.lvz.de/sport/regional/1-fc- ... FSJZQ.html


