BRM hat geschrieben:Er hat in München richtig gutes Geld verdient und hatte zu Saisonbeginn sicher andere Vorstellungen als RL beim ZFC oder bei Lok.
Fünf Monate später sieht die Welt anders aus, Training beim VDV ist kein geeignetes Schaufenster. In Meuselwitz kann er sich zeigen und für höhere Aufgaben anbieten. Dort ist die Kacke ja bekanntlich am Dampfen und sie mussten was tun.
Zumindest 3. Liga und Fußball als Beruf wird er sicher noch nicht aufgegeben haben. Es gibt ja einige Drittligisten in der Region und es wird wahrscheinlich wenigsten einer (Aue) dazukommen.
Verhungern wird er in Meuselwitz auch nicht, er lebt nicht auf großem Fuß und die Familie ist auch in der Nähe.
Für Lok war er zu Saisonbeginn mit Sicherheit kein Thema, schon aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht. Derzeit gibt es bei Lok sportlich keinen Grund für neue Spieler, Geld für diese wird auch keins da sein.
Wenn er sich gut macht, wird er für uns zu teuer, wenn er sich schlecht macht, brauchen wir ihn wahrscheinlich nicht.
Das ist eins der Grundprobleme im modernen Fußball: Die guten Nachwuchs-Spieler werden schon sehr früh mit Geld regelrecht zugeschissen! In den führenden Nachwuchs-Leistungszentren (NWLZ) verdienen die U17- und U19-Spieler teilweise ein Vielfaches von normalen Facharbeitern oder Angestellten. In der U23 dieser Clubs (wenn sie noch eine U23 haben) setzt sich das dann auf noch höherem Niveau fort. Auch das Rundherum (Trainingsmöglichkeiten, Analyse, Betreuung usw.) ist bei Bayern, RB, Wolfsburg etc. schon fast auf Bundesliga-Niveau. Ebenso die Konkurrenz untereinander inkl. kostspieliger Abwerbeversuche. Das alles führt dazu, dass die Spieler dort mitunter ein völlig falsches Bild von der (Fußball-)Welt und vor allem auch von sich selbst bekommen. Da kann schnell der Eindruck entstehen, dass es normal ist, wenn X Coaches und Betreuer sich um jede Kleinigkeit kümmern. Und natürlich, dass es normal ist, so viel Geld zu verdienen. Die Spieler leben in einer Blase, die nicht nur mit der normalen Welt nichts zu tun hat. Sie hat auch mit der Welt nichts zu tun, die die meisten von ihnen erst einmal erwartet: Der gerade noch professionelle oder semiprofessionelle Fußball in der Regionalliga.
Diese Spieler haben noch NICHTS erreicht – außer in ihrem Jahrgang zu den besten in Deutschland zu gehören. Nur die allerwenigsten von ihnen sind aber gut genug, um direkt in der Bundesliga oder auch nur in der 2. Bundesliga oder 3. Liga direkt Fuß zu fassen und regelmäßige, längere Einsatzzeiten zu bekommen. Denn verglichen mit allen Spielern sind diese 18-21-Jährigen zu 95% unteres Drittliga- oder oberes Regionalliga-Niveau. Grundsätzlich wäre das auch der normale Weg: Sich dort fußballerisch und körperlich weiterentwickeln und langfristig vielleicht doch noch den Sprung nach oben zu schaffen. Viele ehemalige Top-Talente scheitern aber daran, überhaupt zu akzeptieren, dass die Realität dann erst einmal Meuselwitz oder Lok Leipzig heißt inkl. entsprechendem Gehalt und Drumherum. Viele dieser Spieler haken das Thema Leistungsfußball dann für sich ab, viele haben dann sicherlich auch Probleme damit, dieses (an und für sich normale) „Scheitern“ für sich zu akzeptieren. Dem deutschen Fußball entgehen so leider eine Menge Talente, die quasi nach halber Distanz den Weg zum Fußballprofi abgebrochen haben. Das merken wir aktuell schon in der Nationalmannschaft bei einigen Jahrgängen und das wird so schnell sicher auch nicht besser werden. (Hinzu kommen sicherlich noch einige andere Aspekte – bspw. dass in den letzten Jahren schon in jungen NW-Jahrgängen zu viel Wert auf (Mannschafts-)Taktik und zu wenig auf (individuelle) Technik gelegt wurde.)
Leistungsmäßig (zu seiner Mentalität kann ich nichts sagen) ist
Kilian Senkbeil aus meiner Sicht genau so ein Fall: Unteres Drittliga-, oberes Regionalliga-Niveau. Aber vielleicht mit Potential für mehr. Was er dafür braucht, ist dauerhafte Spielpraxis. Die bekommt er in Meuselwitz nun mit sehr großer Wahrscheinlichkeit. Trotzdem hätte ich ihn mir auch gut bei uns vorstellen können – weil wir in der Breite nicht wirklich gut aufgestellt sind und eben weil er aus meiner Sicht Potential für mehr haben könnte. Wir haben zwei gute Innenverteidiger. Dahinter kommt Urban, bei dem ich schon ein paar Fragezeichen (Stellungsspiel, Technik, Spieleröffnung) sehe und Heynke, der auch IV spielen kann, aber in Sachen Form gerade durch ein Tal geht. Leistungsmäßig schätze ich Senkbeil aktuell auf einem ähnlichen Niveau ein wie Mike Eglseder. Der ist körperlich vielleicht noch etwas robuster und hat mehr Routine in der Zweikampfführung und im Stellungsspiel. Dafür sollte Senkbeil technisch versierter sein und eine bessere Spieleröffnung haben. Damit passt er eigentlich gut zu unserem Spielstil. Mit dauerhafter Spielpraxis ist bei Senkbeil eine Entwicklung relativ wahrscheinlich, die bei uns ein Luca Sirch genommen hat. Eine Verpflichtung hätte aus meiner Sicht aber nur dann Sinn gemacht, wenn sie nicht nur mit einem kurzfristigen Ziel (Ende der Saison), sondern langfristig (mindestens Ende nächster Saison) erfolgt wäre. Natürlich hätten auch sonst die Parameter (vor allem natürlich Einbettung ins vorhandene Gehaltsniveau) stimmen und überhaupt das nötige Kleingeld da sein müssen.
Ob und wie es dahingehend Überlegungen bei uns gab, ist alles Spekulation und daher nicht wirklich wichtig. Jetzt ist er in Meuselwitz. Die ersten beiden Partien hat er ordentlich gespielt, dann ist er erst einmal ausgefallen. Ich traue ihm (und Meuselwitz) eine gute Rückrunde zu – so denn überhaupt gespielt wird. Er kann sich dort unter einem guten Trainer weiterentwickeln und im Abstiegskampf auch mental wachsen. Ob es langfristig noch einmal für mehr reicht, ist letztlich aber trotzdem schwer zu sagen. Wenn ich mich festlegen müsste, sehe ich es aber ähnlich wie @BRM: Ein solider Drittliga-Spieler wird aus Kilian Senkbeil noch werden.
Seinen Verein sucht man sich nicht aus - er wird einem gegeben.