Beitragvon Musch » Mo 29. Aug 2022, 13:47
Erst mal eine Nacht drüber schlafen – dann legen sich die Emotionen und man kann ein Spiel sachlich analysieren. Ist bei diesem Spiel zugegeben nicht ganz einfach, denn wir haben in Greifswald eindeutig die Punkte verschenkt.
Kommen wir gleich zum schmerzhaften Teil: Wir haben den Gegner regelrecht zum Tore schießen eingeladen. Das geht bei Tor Nummer eins los: Atilgan steht beim Eckball mindestens mal merkwürdig, Ziane und Sirch fehlen Handlungsschnelligkeit und Robustheit und Voufack steht dann auch nur rum. Darf so niemals fallen. Noch schlimmer für mich das zweite Tor: In der Vorwärtsbewegung verlieren wir den Ball (kann passieren), das Gegenpressing funktioniert überhaupt nicht (sollte nicht passieren) – trotzdem hat Ogbidi die Möglichkeit, den Torschützen am Schuss zu hindern, was er aber nur sehr halbherzig und unbeholfen tut (darf nicht passieren). Ebenso das dritte Gegentor: Greifswald verlagert auf den linken Flügel, wo Voufack praktisch nur nebenher läuft und sein Gegenspieler vollkommen unbedrängt flanken kann. Wie schon in den ersten Spielen hatten wir wieder große Probleme im defensiven Umkehrspiel (also nach Ballverlust). Da fehlt einfach die Ordnung, sind teilweise die Abstände zu groß, die Räume schlecht besetzt. In Halbzeit zwei (mit der Hereinnahme von Piplica) wurde es dann besser – nur waren die Messen da schon gesungen.
Offensiv hingegen war ich mit der ersten Halbzeit zufrieden. Das Tor von Pfeffer (für mich der einzige mit einer hervorragenden Leistung – und das nicht nur wegen des Tores) war erste Sahne, aber wir hatten auch noch zwei weitere gute Möglichkeiten und haben ansehnlich kombiniert. In Halbzeit zwei waren wir dann gar nicht so schlecht gegen die gut stehenden Greifswalder – insgesamt vielleicht ein bisschen ideenlos und nicht mit dem nötigen Selbstvertrauen.
Fazit: Wieder einmal hat man gesehen, wie wichtig Zak Piplica für unser Spiel ist. Wie er vor der Abwehr die Räume erkennt und verengt, wie aggressiv er verteidigt, wie er auch Pressing und Gegenpressing organisiert – das kann Julian Weigel nicht (und ich weiß auch nicht, ob er der Typ ist, es zu lernen). Ich weiß nicht, warum Piplica gestern nicht von Anfang an gespielt hat, hoffe aber, dass er so schnell wie möglich wieder durchweg spielen kann und wird.
Was zudem auffällt ist, dass (zumindest bei einigen Spielern) der Fokus zu einseitig ausgerichtet ist. Da wird überragend offensiv gedacht und gearbeitet – was vollkommen richtig und in Ordnung ist, wenn man dann auch defensiv entsprechend aufmerksam ist und sich einsetzt. Ich meine hier ausdrücklich nicht, zu grätschen oder jemanden "umzuhauen", was nur in absoluten Notlagen sinnvoll ist, sondern vielmehr Gedankenschnelligkeit, Laufbereitschaft, Aggressivität.
Den defensiven Teil nur mit halber Kraft zu erledigen, führt dann aber zu Ergebnissen wie dem gestrigen. Ob das in erster Linie an den Vorgaben des Trainers liegt, weiß ich nicht, kann ich mir aber eigentlich nicht vorstellen. Vielmehr habe ich (auch aufgrund von Körpersprache und Verhalten abseits des Balls) das Gefühl, dass der ein oder andere Spieler selbst verantwortlich ist dafür, dass sich sein Fokus verschoben hat. Hierzu fällt mir ein schöner Spruch ein: Wer denkt, schon jemand zu sein, hat aufgehört jemand zu werden! Wenn mein Gefühl stimmt, wäre der Trainer vielmehr gefragt, der Mannschaft und vor allem besagten Spielern dabei zu helfen, den richtigen Fokus wiederzufinden - wenn es sein muss auch mit einer kleinen Denkpause.
Festzuhalten bleibt trotzdem: Es sind vier Spiele gespielt und davon war eines wirklich schlecht. Das passiert! Man muss nur die richtigen Schlüsse daraus ziehen - Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden und an ihnen zu wachsen. Die Grundidee passt und die Mannschaft hat nach wie vor großes Potential.
Seinen Verein sucht man sich nicht aus - er wird einem gegeben.