Viele Nordost-Klubs sauer über Regionalliga-Pläne – "20+2" favorisiertDie Pläne, die Regionalliga Nordost mit den Regionalligen im Norden und in Bayern zu verschmelzen, trifft bei vielen Nordost-Vereinen auf Kritik. Das ergab eine MDR-Umfrage, an der sich die Hälfte der Klubs beteiligte. Bei der Frage nach einer Lösung kristallisieren sich zwei Vorschläge heraus - einmal wird der Ball zur 3. Liga gespielt. Die Pläne für eine Aufteilung der Regionalliga Nordost stoßen bei den Klubs auf große Ablehnung. Bei einer MDR-Umfrage unter den 18 Vereinen schickten die Hälfte der Vereine Antworten: Alle waren gegen eine Aufteilung der RL Nordost in neue vierte Ligen im Norden und Bayern. Die Klubs wollen die Nordost-Staffel behalten und haben als Lösung aus der nun länger andauernden Diskussion zwei Vorschläge parat. Besonders gravierend könnte es Germania Halberstadt treffen. Der derzeit einzige Vertreter aus Sachsen-Anhalt könnte als einziges mitteldeutsches Team gezwungen sein, in den Norden abwandern zu müssen. Germania-Präsident Erik Hartmann sagte: "Einer gesamten Region wird die Identität genommen. Zuschauermagneten sind die Traditionsvereine der ehemaligen DDR-Oberliga. Für uns ist es ein Unterschied, ob wir gegen Lok Leipzig, den Chemnitzer FC oder RW Erfurt spielen oder aber gegen den SSV Jeddeloh, Rehden oder Lüneburg." Das ist aber nicht nur eine Gefühlssache: "Wesentlicher Bestandteil unserer Saisonkalkulation sind die Zuschauereinnahmen".
Manfred Weidner, der sportliche Leiter des FC Oberlausitz Neugersdorf, empfindet eine "große Ungerechtigkeit und einen faden Beigeschmack". Es werde versucht "eine Struktur zu zerschlagen, in der die Ostvereine eine Heimat und eine Verbindung zur Tradition haben". Er hält den Plan mit vier Regionalligen "weder für sinnvoll noch für wirtschaftlich darstellbar". Auch Hubert Wolf, Präsident des ZFC Meuselwitz, spricht davon, dass dies "wirtschaftlich wenig verantwortungsvoll" wäre. Der Begriff "Regionalliga" mit meist semiprofessionellem Leistungssport würde damit im Prinzip "ad absurdum" geführt werden.
Der Bischofswerdaer FV argumentiert ähnlich. "Die langen Fahrtwege sind nur unter Profibedingungen machbar", so Präsident Jürgen Neumann, "die beabsichtigte Lösung stellt den Niedergang des Amateurfußballs in der 4. Liga dar". Auch der VfB Auerbach, Viktoria Berlin und der SV Babelsberg können sich mit dem Ende der Regionalliga Nordost nicht anfreunden. Ein Sonderfall ist der FC Rot-Weiß Erfurt: RWE-Sportdirektor Oliver Bornemann sagt: "Meister müssen aufsteigen, das ist aus unserer Sicht die oberste Prämisse und der einzige Weg!" Dabei sollten Vereins- vor Verbandsinteressen stehen.
Was wäre ein Ausweg aus dem sportpolitischen Dilemma? Zwei Vorschläge werden immer wieder genannt. Zum einen die Aufstockung der 3. Liga von 20 auf 22 Teams. Damit könnten die jetzigen fünf Regionalligen in Deutschland bleiben - unter dem immer wieder geforderten Prinzip "Der Meister muss aufsteigen!". Babelsberg argumentiert mit mehr Einnahmen für die Drittligisten angesichts von zwei Heimpartien mehr. Die zusätzliche Belastung könnte durch ein späteres Einsteigen in die Landespokale abgefangen werden. Neugersdorf geht noch einen Schritt weiter: Die 3. Liga ist gar nicht mehr im Landespokal dabei und stattdessen im DFB-Pokal gesetzt.
Auerbachs Manager Volkhardt Kramer bringt als "Bonbon" für die Drittliga-Vereine einen festen dritten Aufsteiger in die 2. Liga ins Spiel. Die Relegation gegen den Drittletzten der 2. Liga würde wegfallen. Ob da die mächtige DFL mitspielt? Zumal es ja auch aktuelle TV-Verträge gibt. Kramer glaubt es nicht und meint lakonisch: "Da wird man aber wohl eine Einnahmequelle dem Gerechtigkeitsprinzip vorziehen." Insgesamt können sich sechs Vereine die Aufstockung der 3. Liga vorstellen, neben Auerbach, Neugersdorf und Babelsberg sind das Meuselwitz, Halberstadt und Viktoria Berlin. Unter der Maßgabe, die RL Nordost muss bleiben, findet auch diese Variante einen gewissen Anklang: Die Meister von drei Regionalligen, in diesem Fall dann Bayern, Nord und Nordost, spielen zwei Aufsteiger aus. Es könnte einen festen Aufsteiger im rollierenden System geben und zwei Aufstiegsspiele. Oder das Ganze ohne einen festen Aufsteiger vonstatten gehen. Dann müsste die 3. Liga nicht erweitert werden, aber das Prinzip "Der Meister muss aufsteigen" würde nicht immer zum Tragen kommen.
Nord-Regionalligist Eintracht Norderstedt steht zwar nur auf Platz 14, hat aber durchaus prominente Köpfe zu bieten. Trainer ist Dirk Heyne, einst Torwart und Coach beim 1. FC Magdeburg, und Präsident Reenald Koch, auch schon zwei Jahre lang Präsident des FC St. Pauli. Koch, der die Regionalliga Nord auch in einer DFB-Arbeitsgruppe vertritt, findet eine viergleisige Regionalliga "wirtschaftlich nicht vertretbar". Seine drei Lösungsvarianten: 3. Liga mit 22 Teams und einem Landespokal-Einstieg ab Viertelfinale, zwei Aufsteiger aus den Regionalligen Nordost, Nord und Bayern oder eine Aufteilung der 3. Liga in Nord und Süd mit jeweils 16 Mannschaften.
Aus Bayern meldeten sich zwei Stimmen. Der FC Memmingen, aktuell Tabellen-Fünfter, ist der einzige Verein, der die alte dreigleisige Regionalliga Süd sportlich und finanziell "überlebt" hat, wie es der 1. Vorsitzende Armin Buchmann ausdrückt. Auch er glaubt, dass es künftig für reine Amateurvereine organisatorisch, sportlich und finanziell nicht mehr zu leisten sein wird. Er fordert eine Beteiligung an TV-Geldern, mindestens in Höhe der damaligen RL Süd, das heißt mehr als 100.000 Euro. Buchmann kann sich auch eine regionalere Aufteilung vorstellen, er sagt aber auch: "Benachbarte Vereine werden immer irgendwie derbymäßig getrennt werden. Memmingen und Illertissen liegt zum Beispiel Südwest-Klub Ulm näher als Erfurt."
Christoph Heckl, Vorstand beim FC Ingolstadt und Sprecher der Regionalliga Bayern, betont, dass es in Bayern zu keinem Zeitpunkt Bestrebungen gab, eine Bayern-Liga unbedingt zu erhalten. Zwei feste Aufsteiger für den Westen und Südwesten können die Bayern nachvollziehen, denn die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland würden in Bezug auf Einwohner, Vereine, Mitglieder und aktive Fußballer rund 50 Prozent ausmachen. Ansonsten haben die bayrischen Regionalliga-Vereine ihre Haltung nicht verändert: Sie sind wegen der regionalen Struktur und der großen Distanzen - speziell nennen Sie in ihrer "Wendelsteiner Vorlage" von 2017 rund 600 km von Hoyerswerda nach Memmingen - für den Erhalt der drei Regionalligen Norden, Nordosten und Bayern. Auch auf Kosten des "Meister"-Prinzips. Dafür müsste dann eine Aufstiegsrunde zum Beispiel her.
Wenn der Meister denn unbedingt aufsteigen muss, schlagen die Bayern eine Regionalliga Südost mit Sachsen, Thüringen und Bayern vor sowie eine Regionalliga Nord mit Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Wörtlich heißt es: "Allerdings würden die bayerischen Spitzenklubs die Vereine der Regionalligen Nord und Nordost unterstützen, wenn diese ihre jeweiligen Ligen mit einer sich daraus ergebenden Relegation um zwei Aufstiegsplätze zur 3. Liga zwischen den Regionalligen Nord, Nordost und Bayern erhalten wollen."
Nach einer breiten Zustimmung für den Vorschlag sieht es derzeit aber nicht wirklich aus. Am 19. März treffen sich in Peißen/Landsberg (Sachsen-Anhalt) die Regional- und Drittligisten der betroffenen drei Regionen, um über eine Lösung zu beraten. Die Drittligisten könnten dabei das Zünglein an der Waage sein. Rechtlich entschieden wird dann auf dem DFB-Bundestag am 26. und 27. September 2019 in Frankfurt/Main. Die Kuh vom Eis möchte der DFB aber mit Sicherheit schon vorher haben.
Quelle: MDR