Gelungener Saisonstart.
https://www.lvz.de/sport/regional/1-fc- ... NVS2Y.htmlDer 1. FC Lok Leipzig rangiert nach dem fünften Spieltag der Regionalliga Nordost auf Platz zwei. Nach der schwierigen Vorsaison ist das keine Selbstverständlichkeit. Wir analysieren, warum der blau-gelbe Start so gut gelang.Georg Meyer
26.08.2024, 09:00 UhrLeipzig. Der Rahmen für die Partie des 1. FC Lok Leipzig gegen den HFC hätte spektakulärer nicht ausfallen können. Über 8000 Anhängerinnen und Anhänger der beiden befreundeten Teams sorgten beim sonntäglichen 1:1 für tolle Stimmung inklusive farbenfroher (dennoch nicht so gern gesehener) Pyro-Party. Auch und vor allem auf dem Rasen wurde nicht an Intensität gespart. Freundschaft ist, wenn man sich 90 Minuten auf die Hölzer gibt und trotzdem lacht. Mit elf Punkten aus den ersten fünf Spielen stehen die Leipziger nun deutlich besser da, als erwartet.
Einige Beobachter rieben sich durchaus verwundert die Augen. Die neu formierte Leipziger Mannschaft zeigte sich über die volle Distanz im Kern absolut gefestigt, spielte mit dem „Titelanwärter“ (O-Ton Stefan Maderer) aus Halle zunächst auf Augenhöhe, dominierte schlussendlich die Partie und hätte mit etwas Glück sogar drei verdiente Punkte holen können. Aus den Reaktionen nach Spielende konnte man gar den Eindruck einer gewissen Unzufriedenheit mit dem Remis gewinnen. Trainer Jochen Seitz wollte nur ungern Glückwünsche zum Ergebnis annehmen, schon eher zur reifen Leistung seiner neu formierten Truppe. Er sah „die beste Saisonleistung, wenn man das Ergebnis etwas ausklammert.“ Woher kommt dieses ultrahocherhitzte Selbstvertrauen, diese positive Aufsässigkeit? Die branchenübliche Findungsphase zu Beginn einer neuen Saison nutzt die Loksche prompt zum Anfuttern eines mollig warmen Punktespecks.
Zwischen die Lok-Kicker passt kein Blatt Papier
Der erste, auch von außen deutlich erkennbare Grund für den Aufschwung, ist die Kohäsion innerhalb der Mannschaft. Bereits nach wenigen Wochen unter der Ägide von Jochen Seitz passt kein Blatt Papier zwischen die Sportskameraden. Laut Maderer, der am Sonntag für den Torschützen zum Ausgleich, Djamal Ziane, das Feld verließ, ist dieser Umstand nicht selbstverständlich: „Wir sind eine Mannschaft, in der jeder für den Anderen rennt und kämpft, dann fällt alles deutlich leichter. Das erlebt man nicht so oft.“ Man sei bereits nach fünf Spieltagen „ein richtig verschworener Haufen, jeder ist für den Anderen da.“
Auch Farid Abderrahmane, mittlerweile einer der Erfahrensten im Team, pflichtet bei: „Mit jedem Punkt, mit jedem Spiel wächst das alles weiter zusammen. Teamchemie ist immer einfacher, wenn man Erfolg hat.“ Oder katalysiert der frühe Erfolg das organische Wachstum? Es ist ein bisschen wie das Problem mit der Henne und dem Ei. Man sei sich immer der Tatsache bewusst, dass „irgendwann einmal ein Rückschlag kommen wird, dann zeigt sich, wie verschworen wir sind – ich mache mir aber keine Sorgen.“
Ausgewogener Kader
Ein weiterer wichtiger Faktor in der blau-gelben Erfolgsstory ist die Ausgewogenheit des Kaders. Sportdirektor Toni Wachsmuth stellte im Sommer eine kleine, aber feine Auswahl zusammen. Man nehme eine Prise jugendlichen Eifer, vermengt das Ganze mit Charakterstärke, Lernwilligkeit und Kritikfähigkeit und schmecke das Ergebnis mit Erfahrung, Routine und Kontinuität ab – et voila.
Wachsmuth überrascht der momentane Höhenflug deshalb überhaupt nicht: „Die Spieler haben es sich verdient und erarbeitet, weil sie unsere Ideen, wie wir spielen wollen, sehr gut umsetzen. Wir sind nicht nur elf Leute, sondern ein komplettes Team und können auch von der Bank noch Spieler bringen, die ein Spiel positiv beeinflussen können.“ Abderrahmane beschreibt den Kader als „zwar kleiner als sonst, aber deutlich ausgewogener und mit höherer Leistungsdichte.“ Man könne aktuell „jeden von der Bank ohne Bauchschmerzen bringen“, Rezept gelungen.
In der Defensive passt es
Unübersehbar ist die neu gewonnene Abwehrstärke. Mit nur zwei Gegentoren stellen die Leipziger zusammen mit Halle die beste Defensive der Liga. Ziane erkennt einen „klaren Plan bei uns“, und wenn man „es schafft, den umzusetzen, dann sieht es auch sehr gut aus. Insgesamt stehen wir jetzt viel sicherer.“ Alles ist planbar, wenn man nur will. Maderer weiß auch, wie: „Wir verteidigen im Moment als Team alles zusammen weg – da muss uns erst einmal jemand schlagen.“ Die Leipziger halten derzeit beinahe beängstigend kontinuierlich an ihren Prinzipien fest – und das über 90 Minuten. Für Linus Zimmer ist „Struktur das absolute A und O bei uns, weil wir einen genauen Plan haben und den auch verfolgen. Klar ist, dass wir nach elf Punkten aus vier Spielen natürlich Selbstvertrauen hatten - ohne das wird es gegen Topmannschaften wie Halle auch schwer.“
Natürlich kann auch in Probstheida nicht immer die Sonne scheinen, dafür ist die Liga zu ausgeglichen. Doch Wachsmuth hat auch für die Vermeidung von Durststrecken schon einen moralischen Kompass in der Schublade – Demut: „Das Ergebnis zeigt uns auf jeden Fall, dass der Weg, den wir gehen wollen, der richtige ist. Aber wir dürfen uns jetzt nicht darauf ausruhen – wenn wir ein paar Prozente nachlassen, wird es schwer in dieser Liga.“
LVZ