LVZ plus: „Weiß nicht, was da in den Köpfen los war“: Woran Lok Leipzig noch arbeiten muss
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Der 1. FC Lok Leipzig tut sich gegen den ZFC Meuselwitz lange schwer, zwingt sich damit selbst zu einer Energieleistung in Halbzeit zwei. Die gelingt beim 3:1-Sieg zwar, ist aber keine Dauerlösung.
Leipzig. Ein hartes Stück Arbeit lag nach Schlusspfiff des Heimspiels gegen den ZFC Meuselwitz hinter den Akteuren des 1. FC Lok Leipzig. Die erschöpften Minen erzählten stumme Geschichten vom Stresstest, den die Truppe kurz zuvor überstehen musste. Erneut gab es zunächst eine unschöne Schramme in den makellos glänzenden Lack, die zur Korrektur eine echte Energieleistung erforderte. Es nötigt Respekt ab, wie oft und mit welcher Konstanz die Mannschaft in der Lage ist, ungenießbare Suppen am Ende wieder mannhaft auszulöffeln.
„Wenn man keine Zweikämpfe gewinnt und die zweiten Bälle nicht holt, dann kommt so etwas eben zustande wie in der ersten Halbzeit. Das liegt dann auch nicht an einzelnen Positionen oder individuellen Ausfällen“, resümierte Cheftrainer Jochen Seitz nach dem 3:1-Sieg am Sonntag noch am Spielfeldrand. Dunkle Vorzeichen sieht er im Wiederholungsfall für das anstehende Liga-Duell mit dem Erzrivalen aus Leutzsch: „Wenn wir da so auftreten, wie heute in der ersten Halbzeit, dann werden wir nichts holen.“ Im Alfred-Kunze-Sportpark werde es wie immer „viel um Zweikämpfe gehen, das haben wir ja letzte Woche schon gesehen.“
Stefan Maderer und seine Wade
Umso wichtiger ist dem Trainer, dass er alle seine Schäfchen beisammen weiß. Das Spiel gegen Meuselwitz forderte mit Ryan Adigo und Stefan Maderer zwei weitere prominente Einträge in die Krankenakte. „Wir müssen jetzt erst einmal schauen, dass wir unsere angeschlagenen Spieler bis zum Derby wieder fit bekommen, weil wir jeden Spieler brauchen“, weiß Seitz. Top-Torjäger Maderer ist ein harter Hund, steckte in dieser Saison schon einige Einschläge im Gehölz weg – auch dieses Mal? „Ich wollte einen Ball fest machen an der Außenlinie und dann kam mir einer rein gerammelt mit dem Knie in meine Kniekehle. Das hat komplett den Nerv getroffen. Ich habe danach fünf Minuten lang nichts gespürt“, schilderte Maderer den Tathergang.
Die erste Laien-Diagnose des Stürmers: „Also es ist jetzt, glaube ich, nichts Muskuläres, kein Faserriss oder so etwas. Es war ein Schlag, der die komplette Wade dicht gemacht hat.“ Geht sie innerhalb einer Woche wieder auf? „Ich hoffe doch sehr, dass es bis zum Derby reicht – mal schauen, wie der Heilungsprozess wird. Ich denke, die nächsten ein, zwei Tage werde ich ein bisschen Ruhe brauchen.“ Und wenn nicht? „Auch heute hat mich der Djamal wieder einwandfrei vertreten – es ist, glaube ich, egal, wer bei uns vorne drin spielt. Wir nehmen uns nicht viel.“
Plan gegen das ZFC-Pressing ging zunächst nicht auf
Ruhe, ein Schlüsselwort auch für den Spielverlauf gegen den ZFC und die blau-gelben Stehaufmännchen. Die Leipziger ließen sich nach pomadigem Beginn und frühem Rückstand nicht aus dem Konzept bringen, der Glaube an die eigene Stärke ist allzeit größer als die Angst vor dem Verlieren. Noel Eichinger, der Dreh- und Angelpunkt für die Aufholjagd in Durchgang zwei war, gibt demnächst Zen-Kurse: „Jeder Einzelne von uns hat in der ersten Halbzeit nicht das auf den Platz gebracht, was er eigentlich kann. Uns war aber bewusst, dass wir so was drehen können, wenn wir ruhig bleiben und alles reinhauen.“
Dabei hätte man gar nicht erst in missliche Schieflage geraten müssen, denn der Trainer hatte die Jungs im Vorfeld gewohnt akribisch vorbereitet. Auch das atemlose Pressing der Meuselwitzer in der ersten Halbzeit lockte keinen Leipziger hinter dem Ofen vor. Laut Maderer habe man das „in der Videoanalyse besprochen und so erwartet, dass der Gegner uns weit vorne zustellen will. Eigentlich hatten wir auch einen Plan dagegen.“ Blöd nur, dass dieser „leider nicht so ganz aufgegangen ist.“ Aus Sicht des Stürmers wollte „irgendwie anfangs keiner von uns so richtig den Ball haben. Ich weiß nicht, was da in den Köpfen los war.“ Nach dem Kriegsrat beim Pausentee sagten dann neben den Herzen auch die Köpfe und Beine wieder ausnahmslos ja: „In der Kabine haben wir ganz klar angesprochen, was Sache ist, haben die dann mehr unter Druck gesetzt und nicht mehr zu zweit, sondern zu dritt angelaufen“, erklärte Maderer des Rätsels Lösung.
Ein weiterer, wichtiger Schritt auf dem anhaltend steinigen Weg zur Meisterschaft wurde getan. Mit dem möglichen dritten Derbysieg der Saison am kommenden Wochenende kann sich die Mannschaft noch einmal eine mentale Frischzellenkur für das Finale Furioso genehmigen: „Wir haben ja schon zwei Derbysiege. Bei einem Dritten können die Fans dann nur noch den Aufstieg von uns erwarten“, schmunzelt Maderer und schränkt gleichzeitig ein: „Wir haben noch ein hartes Programm – Chemnitz, Erfurt, Chemie, aber vom Kopf her bist du dann natürlich so weit, dass es auf die letzten Meter geht.“ Auch von der Wade her?
LVZ