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Lok im DFB-Pokal: Vor 30 Jahren wäre Schalke in Leipzig fast gescheitert
Große Erinnerungen und steile Thesen: 1995 standen Weltmeister Olaf Thon für Schalke 04 und Ronald Werner für Lok Leipzig auf dem Rasen. Sie sprechen über ein umkämpftes Spiel, inklusive verschossenem Elfmeter und schätzen die Lage vor der Neuauflage am Sonntag ein.
Guido Schäfer und Johannes David
15.08.2025, 08:29 Uhr
Leipzig. Fast auf den Tag genau vor 30 Jahren begab sich Großes im zierlichen Bruno-Plache-Stadion. Lok-Vorgänger-Nachfolger-Vorhänger-Verein VfB Leipzig traf in der zweiten Runde des DFB-Pokals auf den FC Schalke 04. Am Sonntag wiederholt sich Geschichte, wenn Regionalligist 1. FC Lok Leipzig an selber Stelle die Zweitliga-Kicker aus Gelsenkirchen zur mindestens 90-minütigen Kaffeetafel bittet (Anstoß 15.30 Uhr).
Doch zunächst einmal hallen die Namen von einst hymnisch durch die Gegenwart. Bundesligist Schalke schickte die späteren Uefa-Cup-Sieger Youri Mulder, Thomas Linke, Jens Lehmann und Olaf Thon nach Probstheida. Der damalige Zweitligist VfB bot Recken wie Markus Wulftange, Steffen Heidrich, Maik Kischko oder den unverwüstlichen Ronald Werner auf. Es wurde ein Spiel, das hüben wie drüben viele Erinnerungen produzierte.
Schalker Selbstbewusstsein gegen „heiße Leipziger“
Thon, der ein wandelndes Lexikon ist, erinnert sich noch sehr genau an den glücklichen 1:0-Sieg vor 30 Jahren: „Es ging richtig zur Sache, die Leipziger waren heiß und gut drauf, hatten vor der Halbzeit zwei, drei richtig dicke Chancen. Jens Lehmann hat nicht nur in diesen Szenen klasse gehalten.“ An die Schalker 1:0-Führung erinnert sich Thon so: „Flanke, Kopfball Youri Mulder, Tor.“ Nun, es war ein Mittelding zwischen Kopf und Schulter.
„Das war ein echtes Highlight, viele Sachen sind mir heute noch präsent. Schalke hatte ja einige ganz ordentliche Leute mit an Deck und ein gesundes Selbstbewusstsein. Wir haben das trotzdem knapp gestaltet“, berichtet Werner gewohnt lakonisch. Gegen wen er genau gespielt hat, weiß er heute nicht mehr. „Aber Anderbrügge, Latal oder Thon sind mir auf dem Platz schon ein paar Mal über den Weg gelaufen“, erzählt der VfB-Haudegen.
Der Weltmeister und Heidrichs Elfmeter
Achja, Olaf Thon! Der Weltmeister von 1990 gehört zu den besten, erfolgreichsten und beliebtesten Fußballspielern, die der ruhmreiche FC Schalke 04 hervorgebracht hat. Der heutige Repräsentant und Chef der Traditionsmannschaft des Kultclubs hat von 1983 bis 1988 und von 1994 bis 2002 für die Schalker gespielt, ist einer jener legendären Eurofighter, die 1997 den Uefa-Pokal gewonnen haben, war 2001 Meister der Herzen, holte zweimal den DFB-Pokal.
Zwischen den königsblauen Jahren des gebürtigen Gelsenkircheners lagen sechs Spielzeiten und drei Meisterschaften beim FC Bayern München. Im September 1995 obsiegten die Schalker letztlich hauchdünn mit 1:0 - auch, weil Steffen Heidrich einen Elfmeter versiebte.
Und, Herr Werner, heute noch sauer auf Herrn Heidrichs Fehlschuss? „Ach, ich habe selber den ein oder anderen verschossen. Und bei Schalke stand ja auch kein Blinder im Tor.“ Richtig! Ein gewisser Jens Lehmann, Nationaltorhüter bei der WM 2006 und EM 2008, hütete das S04-Gehäuse. „Steffen Heidrich war nicht der Erste und auch nicht der Letzte, der gegen Jens aus elf Metern gescheitert ist. Er war ein Weltklasse-Keeper, unglaublich schnell auf den Beinen und nervenstark“, sagt Thon. Von einem Klassenunterschied war dazumal nicht nur laut Olaf Thon „sehr wenig zu sehen“. Vielleicht auch, weil der „Professor“ nach 38 Minuten angeschlagen vom Rasen musste.
Und wie wird das Spiel am Sonntag laufen? „Das wird brutal schwer für uns, Lok ist nur knapp am Aufstieg gescheitert, das ist für mich ein gefühlter Drittligist“, glaubt Thon. Ronald Werner bewegt sich bei seinem Tipp lieber in den ruhigen Wassern des Ungefähren: „Lok hat unter Jochen Seitz und Sportdirektor Toni Wachsmuth eine gewisse Entwicklung genommen, spielt guten Fußball. Nicht umsonst kommen wieder mehr Zuschauer.“
Übrigens I: Schalke 04 hat sich dafür starkgemacht, dass der Regionalliga-Meister auch aufsteigen muss. Übrigens II: wird Ronald Werner am Sonntag im Stadion sein. Diesmal allerdings als Zuschauer.
LVZ