Der Trainer bleibt, der Geschäftsführer Sport ist weg: Hertha BSC hat auf die sportliche Talfahrt reagiert - und in Fredi Bobic den Mann geschasst, der das Projekt in neue Sphären führen sollte.
Wenige Augenblicke nach dem Abpfiff des Derbys, das Hertha BSC am Samstagnachmittag mit 0:2 gegen den 1. FC Union verloren hatte, bekam Fredi Bobic - natürlich - Fragen nach der Jobsicherheit gestellt. Nicht nach seiner, sondern nach der seines Trainers. Die Arbeitsplatz-Garantie, die Bobic Sandro Schwarz bereits vor dem Anstoß des Hauptstadt-Duells ausgestellt hatte, erneuerte er trotz der dritten Niederlage in Serie, sie gelte "durchgehend". Für seinen eigenen Job galt das nicht mehr. Am frühen Abend machten die Gremien in einer gemeinsamen Sitzung Nägel mit Köpfen. Das Präsidium hatte nach kicker-Informationen bereits im Vorfeld des Derbys eine entsprechende Beschlussvorlage vorbereitet und beschloss am Abend Bobics Abberufung, der Aufsichtsrat des Klubs stimmte zu. Am Sonntag, um 13 Uhr, will Hertha in einer Pressekonferenz über die Nachfolgeregelung informieren.
Der Unmut über Bobic gärte in Teilen der Gremien schon seit Monaten. In seiner ersten Saison als Hertha-Sportchef opferte Bobic Vereins-Ikone Pal Dardai als Trainer, lag dann mit dessen Nachfolger Tayfun Korkut daneben und schaffte erst mit Felix Magath via Relegation den Klassenerhalt. Sportdirektor Arne Friedrich - von Bobic entmachtet - ging im März 2022 vorzeitig von Bord, Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller verließ Hertha im Herbst. Auch Bobics Verhältnis zu Kay Bernstein, der seit Ende Juni 2022 Präsident ist, war nicht reibungsfrei. Nachdem die DFB-Avancen Richtung Bobic als möglicher Bierhoff-Nachfolger publik geworden waren, sagte Bernstein Anfang Dezember in einem kicker-Interview: "Ich stehe immer auf dem Standpunkt: Reisende soll man nicht aufhalten." Ein Satz, der Bobic gründlich missfiel. Bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Sommer war Bernsteins Gegenkandidat Frank Steffel der Favorit des Hertha-Establishments - inklusive Bobic.
Bobic, der im Juni 2021 aus Frankfurt gekommen und angetreten war, um Hertha sportlich zu stabilisieren, wurde intern vor allem seine verfehlte Einkaufspolitik zum Verhängnis. In der laufenden Wintertransferperiode gab Hertha in Fredrik Björkan (zurück zu Bodö/Glimt) und Dong-jun Lee (Jeonbuk Hyundai) Spieler ab, die Bobic selbst erst vor Jahresfrist verpflichtet hatte. Auch Myziane Maolida, der dauerverletzte Kelian Nsona oder der ebenfalls bereits wieder abgegebene Jurgen Ekkelenkamp entpuppten sich als Transferflops. Andere, wie die Routiniers Stevan Jovetic und Kevin-Prince Boateng, halfen wegen mangelnder Fitness nur punktuell. Die offensichtlichen Qualitätsmängel des Kaders wurden Bobic angelastet. Noch zu Beginn dieser Woche hatte er erklärt, weitere Verstärkungen nach dem zuvor verpflichteten Florian Niederlechner (FC Augsburg) seien in diesem Winter finanziell nicht drin, "das ist Fakt".
Jetzt wird Hertha auch davon abrücken. Nach kicker-Informationen sollen in den kommenden Tagen noch mindestens zwei neue Spieler geholt werden, um den Abstieg zu verhindern. Problemzone Nummer eins: die Offensive - wie auch gegen Union zu sehen war. An Trainer Sandro Schwarz (Vertrag bis 2024), der vor dieser Saison Bobics Wunschkandidat war und von diesem bis zuletzt nach innen und außen vehement gestützt wurde, rütteln die Bosse aktuell nicht. Schwarz soll - mit Hilfe der designierten Neuzugänge - den Turnaround schaffen. Der nächste Gegner ist am kommenden Samstag Eintracht Frankfurt - der Verein, den Bobic 2021 verlassen hatte für die Herausforderung in Berlin.
Quelle ---> https://www.kicker.de/der-grosse-knall- ... 65/artikel
Zeit wird's
